Oder: Was läuft im Miesenkleinenlande―kulturell?

Check der Programme aller sich zur Landtagswahl 2017 stellenden politischen Parteien in Bezug auf das Kulturelle.

Prosa zum Kultur? Check!

Es finden Landtagswahlen im Miesenkleinenlande1 statt. Zuweilen werden diese von überregionalen Medien als solche mit dem Charakter von Landkreiswahlen bezeichnet.2 Das trifft es präzise; und am ersten Lauftag dieses Check-Projekts – am Montag, dem 20.03.2017 (Frühlingsanfang) – sendet der Deutschlandfunk das passende Hörfunkhintergrundrauschen dazu.3 Du hast schon vor Wochen mal bei verschiedenen sich zur Wahl stellenden Gruppen anfragenderweise gemeldet, ob es ein Parteiprogramm gebe … erstaunlich: gab es oft (noch) nicht. Dann wirst du eines Tages auf einmal Wahlkämpfer für die Kampagne 2017 der SPD (Saar?) – es geht ja bis in den Herbst weiter und dieser Check verlangt folglich nach Wiederholung -, obwohl du mit denen seit „Hartz IV“ und deinem erfolglosen zweiinstanzlichen Gerichtsgang dagegen4 bis auf Weiteres nichts mehr am Hut haben willst (O-Ton: „Die haben bei mir Lebenslänglich!“).

Aber auch sonst liegt dir viel an der Aufrechterhaltung des Status‘ als politisches und künstlerisches (sic!) „freies Radikal“,5 so dass keine Gruppierung sich zu nah an dich heran wagen darf, ohne sich dabei etwas einzufangen, nämlich dich. Und das ist im Kantianischen Sinne und danach gleichbedeutend mit Kritik; Kritik im konstruktivst möglichen Sinne. Das musst du allerdings in Übereinstimmung bringen mit deiner großen Liebe zur Polemik als Literaturform.6 Daher werden sie alle kritisch gecheckt, heute zur Haltung zum Kulturellen, das du als Teil des Sozialen auffasst. Du bist da reingerutscht, weil ein Zigarrerauchender Schnösel, inzwischen den elder statesman mimend, was in der Partei ohnedies eine nicht selten anzufindende Alterungserscheinung zu sein scheint, das Gegenteil davon durchgesetzt hat, wofür die Partei, historisch gesehen, zuvor eingetreten ist. Der Weg vom Möchtegern- über den Zwangskünstler zum frei(schaffend)en Künsteler (sic!) war durch diese Begleit-Ereignisse ein hölzerner, aber nicht zu vermeidender.

Sieh aber einmal von dir ab! Schaust du also mal … von links nach rechts fortschreitend.

Einzelbetrachtungen [von links nach rechts]

[01] Die Linke

Erstaunlich ist, dass diese Partei die extremste‘ ist, die aktuell zur Wahl im Miesenkleinenlande antritt. In besseren Zeiten taten dies noch extremere an diesem Ende des Spektrums, weniger am anderen. Dies ist ein Ausdruck von mehreren, dass ein (allgemeines!) Rechtsrücken―kein -ruck!―eingesetzt hat im Parteienspektrum, und dass die Waage einseitig nach rechts hin belastet ist. Das ist grundsätzlich ein problematischer Zustand, der von „Der Linken“ nicht adäquat aufgefangen werden kann, ist sie doch selbst munter populistös dabei, auch an anderen Rand zu fischen, und gehört sie doch auch zu denen des „Establishments“, die den Populismus stets bei den anderen ausmachen; hier geschieht das allerdings weniger verklemmt. Schräge Zeiten!

Rufst du die Webseite auf mit spezieller Subdomain für die anstehende Wahl,7 fuchtelt dir gleich ein Oberlehrer mit seinem Rechthaberfinger (d. i. der Zeigefinger der rechten [!] Hand) im Gesicht herum. Dieser Finger mag Frauen gefallen, dir nicht. Statt rechthaberisch sollen die Ansagennicht Aussagen!―„Der Linken“ klar sein, der von diesen diesen Wahlgang gepachtete Begriff. Das Begriffspaar „Kunst & Kultur“ taucht nicht auf, nur einmal ganz verschüchtert in „Infostand Völklingen-Wehrden, Kulturhalle„. Das ist ernüchternd.

Scrollst du etwas ‘runter, findest du den Downloadlink zum Wahlprogramm als PDF.8 Dahinter verbirgt sich eine schlichte MS-Word-Datei (du hättest professionell statt kommerziell vermutet) mit viel Prosa, und auf S. 13 findet sich die Kapitelüberschrift „…kluturvoll“ in der das Gesuchte zu finden ist, allerdings erst auf der nächsten Seite 14. Es fängt zwar nach deinem Geschmack gut an: „Kultur ist mehr als der Beton des vierten Pavillons.“ Was im Nachfolgenden über acht Absätze hinweg und auf anderthalb Seiten zu lesen ist, wird in seiner Breite von keiner anderen politischen Gruppierung so fundiert zum Ausdruck gebracht. Allein‘, man will es nicht recht glauben. Vielleicht nur deshalb, weil sie im Miesenkleinenlande noch nicht unter Beweis stellen konnte, das „eine Parteiein Wort“ gilt. Dass – in einem Landtagswahlkampf! – auch das Wort Künstlersozialversicherung fällt ist (auch aus persönlichem aktuellen Anlass!) bemerkenswert.

Die Lektüre lohnt sich und wird ausdrücklich empfohlen. Dass es dabei Lapsatae gibt („Kultur stellt nicht nur einen wesentlichen Teil zur Lebensqualität der Menschen in unserem Land dar.“), die zudem aufgrund der Kollision mit deiner subjektiven Meinung entstehen („Wir wollen prüfen, inwieweit das Land eine neue ‚Saarphilharmonie‘ unterstützen kann“), ist unvermeidlich („Straßentheater-Festival ‚Perspectives‘“). Auch manch Kalauer ist dabei („Kultur ist kein Luxus“), und sogar Peinlichkeiten („Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte ist ein Aushängeschild.“), was schon eher vermeidbar wäre, würde bei „Der Linken“ noch mehr Sachverstand in Kunst- und Kulturfragen walten.

Es gibt da jedoch einen richtig großen Problembären: Herrn Oskar; der istganz ähnlich wie ein anderer Politrentner oder -pensionär im Miesenkleinenlande in ministerialen Unwürden9definitiv reif fürs Altenteil, bei aller Achtung, die dem Alter gebührt; du selbst hast auch schon Patina angesetzt... Er schadet seiner eigenen Polittruppe massiv durch sein ständiges Alphatiergebrüll und Fingergeschwenkeso wie der andere mit Schwenkerschwenken das Niveau bedenklich s(chw)enkt, aber das muss diese irgendwie selbst herausfinden. Dessen übermäßiges Mitteilungsbedürfnis entlädt sich explosiv über die Webseite „Der Linken“ hinaus auf einer eigenen „Linken“-Webseite, die dich in diesem Zusammenhang aber nicht interessiert.

Zwar gibt es ein auffälliges Bewusstsein für künstlerische und kulturelle Fragen, was du denen auch abnimmst. Doch ist der gesamte (visuelle) Gestus derart „woanders“ und näher an demjenigen eines mit wenigen Buchstaben auskommenden Kampfblattes der „Erzreaktion“, dass dich da irgend etwas stutzig macht. Einfach nur bei denen auf dem Stimmzettel herumkreuzen geht nicht. Es ist ein Kreuz mit der Linken, deren Herz zumindest auf der richtigen Seite schlägt.

[02] Die Piraten

Die Piraten stellen ohne Zweifel die frischeste Truppe am politischen Horizont des Miesenkleinenlandes dar und haben durch ihren erstaunlichen Einzug in den 15. Landtag eine erstaunlich effektive Arbeit an den Tag gelegt, auch was so richtig große kulturelle FRECH.heiten10 anbetrifft, womit sich die an der Macht befindlichen Politzombitruppen nachhaltig beschädigt haben. Nichts fürchtet arrogante Machtausübung mehr als Transparenz und unzynischen Humor. Für beides steht dieses politische Mikrotrüppchen, dem man einmal ein fettes Dankeschön sagen muss für ihre unter turbulenten Vorzeichen geleistete politische Arbeit!

Die Kampagne der Piraten ist die mit Abstand witzigste, die dieses Miesekleineland je gesehen hat. Das ist in dienen Augen schon eine eigenständige künstlerische Leistung, womit der Beweis der Affinität zu ebendiesen schon ganz ohne Worte erbracht ist. Doch setzt du deine Arbeit fort und schaust mal nach was wie wo geschrieben steht. So ist gleich der erste Menüpunkt auf der Webseite11 der aktuellen Wahl gewidmet … und der zweite dem Programm.12 Dieses wird hinter verschiedenen Kacheln versteckt in Einzelkapiteln dargeboten und umfasst fundiert sämtliche Bereiche politischen Handelns, darunter auch der „Kunst und Kultur“, die perfekte Kombi deiner hart im Fokus befindlichen Begriffe.

Groß ist der Schock des erwartungsvoll Klickenden, wenn er bei „Kunst und Kultur“ einzig den Eintrag „Botanischer Garten“ findet (dort fällt noch einmal der Begriff „Kulturgut“) … du scrollst weiter runter und stellst fest: Das ist eine Vierthemenpartei: BildungGrundeinkommenDigitalisierungÖPNV! Schluss-aus-fertig. Nix Kunst und gar nix Kultur. Haben die dich für so einen Simpel gehalten, dass du schon bei der künstlerisch gestalteten PR butterweich wirst, den Kugelschreiber schreibbereit klickst und dein Kreuzchen …?

Nee, so nich‘! Etwas mehr Aufmerksamkeit für das Künstlerische und Kulturelle, bei dem es ganz besonders an Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen der Entscheidungsfäller in Amt meist ohne Würden sowie der von diesen berufenen Gremien und Einzelkuratorinnen (w) fehlt, wäre schon angebracht. Bei aller Sympathie … hier ein Kreuzchen, das wäre zwar in vielerlei Hinsicht berechtigt, doch wären Kunst und Kultur damit wenig gedient. Wenn von den „Piraten“ immerhin die künstlerisch gestalteten und witzigen Plakate der Kampagne 2017 bleiben, ist das doch schon mal was!

[03] Bündnis 90 / Die Grünen

Diese politische Gruppierung hat für sich die Wahrheit gepachtet. Das ist sehr peinlich, weil fest steht, dass die Politik eben gerade nicht die Sphäre der Wahrheit ist, diese besser den Künsten, Religionen und Wissenschaften überließe; in genau dieser Reihenfolge. Tut sie aber nicht. Die Fraktion der Grünen im Miesenkleinenlande ist seit Jahren als eine tief gespaltene bekannt und daher auch erstaunlich wenig in der lokalen politischen Kampfarena präsent. Um so mehr ist sie dies im Web,13 wo unter dem Menüpunkt „Landtagswahl“ Fakten erwartet werden, dir hingegen―auf eine neue Domain weitergeleitet14―schreiend, vergessend, dumm, strahlend, traurig, und nicht zuletzt schmutzig die „Wahrheit“ entgegen geschleudert wird. Kunst & Kultur? Bislang nicht(s) auszumachen…

Auf der Wahrheitsdomain findet sich der Menüpunkt „Programm“, unter dem es in einer Webversion vorgehalten und als Download15 angeboten wird. In Kapitel 8 von 10 erscheint, im Verein mit dem Sport―was per se eine extrem ungünstige Kombi ist―, die Kultur.16 Es beginnt daher auch mit dem Sport, der Spaß mache; herunter scrollend ….. erwartest du den analogen Satz „Kultur macht Spaß“ ….. Da dem bei den Grünen aber wohl nicht so ist, folgt die auch bei anderen auftretende starrsinnige Behauptung, dass das Miesekleineland „kulturell viel zu bieten“ habe, worauf eine sinnfreie Aufzählung folgt, so als müsse man sich selbst von der Wahrheit des zuvor Ausgesagten überzeugen. Du ersparst dir die Wiedergabe der Platituden, die nun langatmig folgen … stolperst kurz über die Erwähnung des Tourismus in diesem Kontext … schläfst beim Begriff Erinnerungskultur fast ein („wichtiger Eckpfeiler unserer Demokratie“) … um jählings aufzuschrecken bei der sehr steilen These, dass es „gute Kultur nur gebe, wenn sich die Lebens- und Arbeitssituation der Künstler*innen verbessert“.

Jetzt verstehst du, weshalb du einfach nicht gut sein und nicht einen Film realisieren und nicht in den Senegal reisen kannst, weil deine Kunst einfach nicht gut sein kann aufgrund deiner bescheidenen Lebens- und Arbeitssituation, wobei letztere―in traditionellen Arbeits-Kategorien gedacht―eigentlich nicht vorhanden ist. Und sobald du dort einmal gelandet bist, gibt es – auch nicht mithilfe der Grünen – keinen Ausweg; denn deren Programm erreicht genau diese Sphäre des absolut prekären Künstlerdaseins nicht, die nicht nützlich für Bildungs- und interkulturelle Zwecke eingesetzt werden kann. Wie alle anderen setzen die Bündnisneunziger sich unter utlitaristischen Vorzeichen für Kunst und Kultur mit einem wenig elaborierten Begriff von beidem ein, was sehr enttäuschend ist. Da hilft dann auch kein Fettdruck mehr beim Referieren über die Bedeutung von Bibliotheken…

Und so musst du feststellen, dass die Bündnisneunzigergrünen auch nur eine grün angestrichene konservative Variante im Angebot der schon an der Macht Leckenden darstellt, bei dem sich eben nicht die gesamte Breite des Künstlerischen aufgehoben fühlen kann. Einseitige Nützlichkeitserwägungen verhindern die Weitsicht, die zum Erfassen des Künstlerischen unabdingbar ist, was in einem hochprovinziellen Umfeld ohnedies ein unerfüllbarer Wunsch bleiben muss. Die Offenheit gegenüber Allem Kulturellen wird leicht durchschaubar vorgegaukelt, wird als Markenzeichen frech vereinnahmt, und die tatsächliche Gleichgültigkeit gegenüber den komplexeren Künsten wird hinter einem Wahrheitsnebel verschleiert. Daher gilt als Fazit: Wer als Kulturschaffender (w/m) hier sein Kreuzchen macht, wovor nicht einmal ernsthaft gewarnt werden kann, tut sicherlich Gutes für andere Bereiche des politisch zu bestellenden Ackers gemäß der voltairianischen Maxime « il faut cultiver notre jardin » ; doch den Künsten – und als Künstler sich selbst – nützt das Kreuzchen wenig.

[04] Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Landesverband Saar

Diese politische Partei, die schon viel zu lange und viel zu oft mit farblosem Spitzenpersonal―du denkst hier gerade nicht an Personen wie Oskar Lafontaine (F.-J.-Röder-Zögling!) und Reinhard Klimmt―am Ruder des Miesenkleinenlandes gestanden hat, und recht farblose Kulturminister in Amt und Würden gehievt hat―du denkst hier explizit auch an den aktuellen Minister Ulrich Commerçon―, gibt sich gerne als die Partei der Mitte und die Sachwalterin einer kleinbürgerlichen (Breiten-)Kultur mit der damit einhergehenden spezifischen Kunst. In den drei Jahrzehnten deines Aufenthalts im Miesenkleinenlande hast du allerdings durchaus erlebt, dass sich jemand aus deren Führungsriege als kulturell interessiert erwiesen hat; im Gegensatz zum ständig irgendwo in Veranstaltungen auflaufenden aktuellen Kulturminister, wodurch diese eine dezidiert provinzielle Note erhalten.

Im landeshauptstädtischen Bereich gelten ähnliche Verhältnisse, auf die hier―weil: keine Kommunalwahl―nicht weiter eingegangen sei. Aber auf den Schulz-Hype musst du zu sprechen kommen! Von dem glauben die Mieseskleinesland-Sozis gerade profitieren zu können, gewissermaßen als Trittbrettfahrerlein, so dass die Spitzenkandidatin bei der Hundertprozentveranstaltung in Berlin am 19.03.2017 stets im Bild herumschwänzelt. Das ist peinlich … und von Kunst & Kultur ist dabei nicht die Bohne die Rede. So auch auf der Webseite der Partei, auf der aufdringlich der augenblinkende Heiko (unglückseliger Bundesjustizminister) und Anke (Keine-Ahnung-was-Ministerin unter der Konkurrentin von der Mitregierungspartei) präsentiert werden. Sonst (fast) nichts; außer: stark – stark – super-stark!

Unter dem Menüpunkt „Landtagswahl“ findet sich der unbescheidene und allzu siegesgewisse Unterpunkt „Unser Regierungsprogramm 2017 – 2022“, von wo aus dasselbe heruntergeladen werden kann.17 Erst in III., im den „Gleichen Bildungschancen für Alle“ gewidmeten Kapitel, fällt im letzten Unterkapitel III.6. das Wörtchen „Kultur“ und wird unter Bildung subsumiert, nach dem Motto „Kulturarbeit ist für uns immer auch Bildungsarbeit.“. Das geht ja gar nicht! Das nachfolgende Wortgeklirre muss man nicht gelesen haben. Es strotzt von erkennbar inhaltsleeren Aussagen, die eine wahnsinnige Offenheit vorgaukeln, wo du doch seit Jahrzehnten weißt, dass das Mitfahren auf‘m Christopher-Street-Day-Umzugswagen nur aus PR-Gründen stattfindet, nicht aus Authentizität.

Genau das ist das Problem dieser Politgruppierung: Sie ist im Kern strotzkonservativ und pflegt eine pseudoaufgeschlossene experimantalfreudige Kulturauffassung, die sich in der politpraktischen Realität einfach nicht widerspiegelt. Da kann ein Herr Staeck so viel im Hintergrund der vorgenannten Krönungsinszenierung für die bevorstehende Bundestagswahl eingeblendet werden wie die Regie es will: Die Partei repräsentiert das ‚zum verrecken‘ nicht. Daher gilt als Fazit: Wer als Kulturschaffender (w/m) hier sein Kreuzchen macht, wovor nicht einmal gewarnt werden kann, verfolgt Interessen und ist möglicherweise im Glauben, dass Opportunismus sich allemal auszahlt. Er (m/w) wird sicherlich belohnt!

[05] Freidemokratische Partei (FDP)

Diese echte Gurkentruppe des Miesenkelienenlandes, die in der Miesenkleinenhauptstadt sogar schon einmal den Kulturdezernenten gestellt hat―der im Verlauf seiner Tätigkeit allerdings deine persönliche Achtung gewonnen hatte―ist ob ihrer (aktuellen) Machtlosigkeit von einer derartigen Aufdringlichkeit, dass du drauf und dran bist, die zu ignorieren. Gleich beim Aufruf der Webseite18 poppt einem in der beschriebenen Manier etwas entgegen, um Daten von dir zu erkraken. Must du erst wegklicken, um dich in der Folge einem Reigen bunter Bildchen mit einem draufgelegten Textlayer ausgesetzt zu sehen, der wiederum von deutlich marktschreierischen Behauptungen gekennzeichnet ist. Sauaufdringlich!

Dennoch, der Check geht mit klarem Fokus weiter … du suchst … du scrollst … du findest: nichts. Ein Wahlprogramm … nicht auszumachen … das Begriffsduo ‚Kunst & Kultur‘ … ergreifend nicht auszumachen. Kann denn das wahr sein!? Nur ein Feuerwerk an bunt hinterlegten Behauptungen und wohlfeilen Forderungen … ohne jede Kultur? Wir schauen uns nicht weiter um (Fundstück am Rande: „Hinweis: Diese Seite ist noch „Beta“ … weitere Werte werden folgen.“ – Ah ja…). Fazit: Jedes Kreuzchen für diesen politischen Arm einer gar nicht verdeckt neoliberalen Klientelterrortruppe ist ein total vergeudetes, mit garantiert bitterem Nachgeschmack. Sein lassen!

[06] Christlich-demokratische Union (CDU)

Diese Partei, die ebenfalls schon viel zu lange und viel zu oft mit sehr dürftigem Spitzenpersonal―du denkst hier zu aller erst an Gestalten wie F.-J. Röder (Nazi) und Werner Zeyer als die absoluten Tiefpunkte (deren Vorgänger kennst du nicht…)―am Ruder des Miesenkleinenlandes gestanden hat, und geradezu irre farblose Kulturminister in Amt und Würden gehievt hat―du denkst hier zu aller erst an Gestalten wie Werner Scherer und Jürgen Schreier―, gibt sich gerne als die Partei der Mitte und die Sachwalterin einer bürgerlichen Kultur mit der damit verbundenen Kunst. In den drei Jahrzehnten deines Aufenthalts im Miesenkleinenlande hast du nicht einmal erlebt, dass sich jemand aus deren Führungsriege nicht als ausgemachter Kulturbanause (m/w) erwiesen hätte; durchweg.

Folglich taucht auf der Webpräsenz19 das Begriffspaar, dem deine gesteigerte Aufmerksamkeit gilt, (erstaunlich) lange nicht auf. Man muss regelrecht ‚suchen‘, um fundierte Informationen zum aktuellen Wahlprogramm zu finden, die die super-dürftigen Botschaften auf den Wahlplakaten inhaltlich ansatzweise übersteigen. Diese finden sich im Menüpunkt „Aktuell“ unter „Landtagswahl 2017“, lassen sich aber darüber gar nicht aufrufen; das geht nur anders (siehe dort). Unser Begriffspärchen wird in Zukunftsgefasel ertränkt und ist somit in der Wahrnehmung dieser politischen Gruppierung nicht beachtenswertes Bestandteil derselben.

Also musst du das als PDF heruntergeladene Parteiprogramm aufrufen.20 Das erste Mal taucht einer der Begriffe in der erwartbaren Kombi mit „christlich-abendländische“ auf,21 wozu sich wenige Zeilen später noch das Wort „Tradition“ gesellt. Um Kunst geht es hier wie auch sehr viele weitere Zeilen lang nicht im Geringsten! Sehr viele Zeilen später, in denen es strammste Ausführungen zu den Themen, Sicherheit, Flüchtlinge usw. gibt, die von den weiter unten nachfolgenden noch strammeren politischen Gruppierungen zeigt, dass sich die „CDU“ des Miesenkleinenlandes stark den national-konservativen Strömungen annähert, diesen somit oll und ganz zuzuzählen ist, was sich sicherlich in den kulturellen Wahlversprechen widerspiegeln wird.

Tut es auch; erstmalig in Zeile 2158, wo der Begriff „Kulturkonsum“ unvermittelt auftaucht, um die Unterstützung von Vereinen, Kirchen und Projektinitiativen (um staatliche Aufgaben, die Geld kosten, eben nicht zu erfüllen, sondern erfüllen zu lassen) zu postulieren; darunter befinden sich sicherlich auch Blaskapellen und ähnliche Musikvereine, die politisch dumpfe Botschaften in Klängen verklausuliert in die Luft blasen.

In Zeile 2661 kommt es endlich zur Sache, zu unserer Sache: Das Kapitel 12 widmet sich zu erheblichen Teilen der Kultur und Kunst. Nach Lektüre der nachfolgenden 102 Zeilen und wegdampfen der zahllosen Floskeln, wird klar, dass die zunächst aufgestellte Behauptung der Gewährleistung einer „Kultur für alle“ zumindest für die Ränder des Spektrums des Kulturellen eine vollkommen leere ist. Vielmehr wird das Tableau einer sich auf Massenkultur, Breitenkultur, Popkultur, garniert mit kulturellen Leuchttürmen (im Binnenland eine sonderbare Angelegenheit), die wiederum von Spielsüchtigen finanziert werden soll, gezeichnet, dessen abgrundtiefe Provinzialität damit klar vorgezeichnet wäre.

Stänkerte im Industriezeitalter des Miesenkleinenlandes die Völklinger Hütte erhebliche mengen Staubs in die Luft, so ist es heute dieselbe, die―zum toten Weltkulturerbe geronnen―Ähnliches in die kulturelle Sphäre des Landes stänkert. Der von einem lächerlichen General, welcher in seiner Generalität maximal das Niveau popkultureller Veranstaltungen aufweist, geführten Institution wird eine führende Rolle zugebilligt, was angesichts des Generalsstands seines Kulturführers auch wieder schlüssig wirkt und in den Dunst kultureller und künstlerischer Vorstellungen dieser Partei trefflich zu passen scheint. Daher wird dem auch von diesem initiierten PopRatSaarland mehrfach gehuldigt und ein ganzer eigener Aufzählungsabsatz im Umfang von 14 Zeilen gewidmet. Die übrigen 479 Zeilen: kannst‘e getrost vergessen…

Fazit: Neben der Aufrechterhaltung provinzieller künstlerisch-kultureller Zustände wird also auch die kulturelle Verpoppung des Miesenkleinenlandes vorangetrieben, was weltweit tatsächlich ein unangefochtenes Alleinstellungsmerkmal ist. So gesehen kannst du nicht schreiben, dass jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) für diese sich derart umfangreich dem Thema widmenden Gruppierung ein verschwendetes wäre. Sondern du musst schreiben, dass es für Profiteure (m/w) der mit klarer Kante vorgetragenen kulturellen Vorstellungen und künstlerischen Präferenzen sogar geboten ist, für diese dasselbe zu machen; ganz nach der Devise: Opportunismus zahlt sich hier allemal aus―und wird sicherlich belohnt!

[07] Freie Wähler Saarland e. V.

Auf der Webpräsenz22 findet sich der gesuchte Begriff auf den ersten Blick nicht. Im herunterladbaren Wahlprogramm23 findet er sich schließlich in Kapitel 10 „Unsere Heimat Saarland“ als Unterkapitel 10.1 „Kultur und Brauchtum aktiv fördern!“ … und bevor du das auf Seite 16 in exakt zwei Absätzchen – immerhin! – Elaborierte zur Kenntnis nimmst, findest du dieselben mit der Abbildung traditionell miesekleinländischer Ostereier (nie gesehen…) garniert auf der Webseite, die ohnedies mit dem PDF identisch zu sein scheint. Dort heißt es: „Wir (…) wollen Kunst und Kultur aktiv pflegen und fördern. Damit sollen Tradition und Brauchtum bewahrt und die geistigen Werte des Landes auch für nachfolgende Generationen gesichert werden.“ Aha … dann ist jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m), der sich nicht den genannten traditionellen und dem Brauchthume zuzurechnenden künstlerischen Ausdrucksformen zuwendet, für die Freien Wähler ist ein verschwendetes.

[08] Liberal-konservative Reformer (LKR) Saarland

Auf der gesamten Webpräsenz fällt nicht ein Mal das Wort Kultur, von Kunst ganz zu schweigen. Außer der Aufstellung der lokalen Kandidaten ist auch nicht viel Lokalkolorit auszumachen. Unter der Menürubrik „Partei“ findet sich der Punkt „Parteiprogramm“; und das ist kein Mieseskleinesland-spezifisches, sondern das dreiundachtzig Seiten starke Bundesparteiprogramm. Dort gibt es das Kapitel „Geistiges Leben“ als Unteroberkapitel zum Kapitel 4 „Deutschland“, welches wiederum das Kapitel 4.7 mit dem Titel „Kulturpolitik“ aufweist. Das alles umfasst satte drei Seiten!24

Die einzige auf föderale Strukturen verweisende Aussage ist: „Kulturpolitik macht die Kernkompetenz der Länder aus.“ Der gewagteste Satz besteht in der Aussage: „Innovativen Ideen und Projekten stehen wir offen gegenüber. Pop-, Kunst-, und Filmakademien etwa zeigen, wie dynamisch Kultur sein kann.“ Aha, denkst du; die Reihenfolge der Aufgezählten aber verrät Euch, ebenso wie das ausschließliche capricieren auf ein akademisches Niveau! Lassen wir das; jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) für die LKR ist ein verschwendetes.

[09] Familien-Partei (FAMILIE) Landesverband Saarland

Weder auf der Webpräsenz der Einthemenpartei25 noch in deren Landesprogramm26 kommen die Begriffe Kultur und/oder Kunst vor. Kannst‘e also vergessen; jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) für die LKR ist ein verschwendetes.

[10] Demokratische Bürger Deutschland (DBD)

Auf der Wikipedia heißt es: „Die DBD tritt erstmals bei den Landtagswahlen 2017 im Saarland an.“27 Das ist eindeutig ein Alleinstellungsmerkmal. Auf deren Webpräsenz28 kommen lauter schräge Themen zum Ausdruck, keines widmet sich der Kunst und/oder Kultur. Das ist sicherlich bei der Tatsache, dass der Parteigründer ein Polizeibeamte ist, nicht so richtig eine Überraschung, hast du doch selbst mit dem Kunstbanausenthum von Polizeibeamten deine einschlägigen Erfahrungen gemacht. Und genau so wirkt das nicht einmal auf miesekleinländische Verhältnisse zugeschnittene Wahlprogramm, dass sich in Stichwortsammlungen zu fünf Themenkategorien erschöpft. Jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) für die DBD ist ein verschwendetes.

[11] Bündnis Grundeinkommen – Die Grundeinkommenspartei (BGE) Landesverband Saar

Das klingt nach einer strammen Einthemenpartei. Auf deren Webpräsenz29, die an Unübersichtlichkeit nicht wirklich zu überbieten ist, findet sich nichts, was sich nicht dem Thema Grundeinkommen widmet. Da es Künstlern (m/w) und Kulturschaffenden (w/m) darum in erster Linie nicht gehen kann – nur in zweiter oder späterer -, ist jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (m/w) für die BGE ein verschwendetes.

[12] Die Einheit

Diese Partei der Spätaussiedler aus der Sowjetunion, die uns ein schon im Amte seniler und rückwärtsgewandter Kanzler beschert hat, und welche insbesondere im Miesenkleinenlande eine starke Community aufzuweisen hat, verfügt daselbst über eine Webpräsenz,30 die bei deren Aufruf schon recht unaufgeräumt wirkt. Unter dem Menüpunkt „Wahlen 2017“ finden sich sechs Portraits von schrägen Krawattenträgern (m), denen du garantiert kein Auto abkaufen würdest. Unter „Landesprogramm“ findet sich immerhin ein solches, dessen Orthographie als eigenwillig bezeichnen werden muss. Dies äußert sich beispielsweise in der auf den ersten Blick unlogisch erscheinenden Forderung: „Abschafung Sexualkundeunterricht in Vor- und Gründschulen und auch dann nur freiwillige Teilnahme“ Der Begriff Kultur fällt tatsächlich, aber vollkommen marginal, fast aus Versehen: „Einführung eines einheitlichen Schulsystems, mit gleichem Schulniveau und vergleichbaren Inhalten bei allen Bundesländer (Kein Kultur- und Schulföderalismus).“ Entdeckt? Fazit: Jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) für „Die Einheit“ ist ein verschwendetes.

[13] Die Reformer, Landesverband Saarland

Sie behaupten zwar „nicht rechts, nicht links“ zu stehen, und „Politik mir Herz und Verstand“ machen zu wollen. Abgesehen davon, dass dies ein absolutes Alleinstellungsmerkmal im Parteienspektrum global wäre, befindet sich diese Aussage ganz sicher auf der Ebene der (Wahlkampf-)Sprüche. Der mieseskleinesländische Ableger dieser politischen Gruppierung verfügt für den aktuellen Wahlkampf über eine eigene Webpräsenz31 und – oh staun! – das Menü weist unter „Themen“ den Unterpunkt „Kulturlandschaft“ aus, in dem sich unüberlesbar der Begriff „Kultur“ nachweisen lässt. Doch die Ausführungen zielen allein‘ auf „Heimat, Natur und Biosphären“; sehr retro.

Interessant, äußerst interessant: Es gibt einen eigenen Unter(menü)punkt „Museumspavillon“,32 ein Thema, dass dir ja auch mächtig irgendwo brennt. Dort lautet die Überschrift: „Endspurt für den Bau des Skandal-Pavillons“. Zitiert wird allerdings aus der BILD Saarland, was für das Niveau des Argumentationsgangs der weiteren (zitierten?) Ausführungen entscheidend ist. Dein Eindruck, trotz dieser krassen Schnittfläche einer groß erscheinenden Übereinstimmung in Minimalumfang: Jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) für „Die Reformer“ ist ein verschwendetes.

[14] Alternative für Deutschland (AfD) Landesverband Saarland

Jetzt geht es dezidiert in die Rechtsaußenecke, in der du dich zuweilen zuvor schon wähntest … jetzt geht es aber so richtig los! Die Webpräsenz33 mieseskleineslandelt durch den Gebrauch der neuen Top-Level-Domain und der Darbietung eines frühherbstlichen Anblicks einer Flussschleife, die keiner mehr sehen kann. Die Begriffe Kunst und/oder Kultur fallen hier nicht. Doch es gibt die Möglichkeit, das Landtagswahlprogramm 2017 herunterzuladen,34 wo du nach endlosem Blablabla auf Seite 24 fündig wirst: „14. Kulturpolitik ist auch Wirtschafts- und Standortpolitik“ lautet die Überschrift über ca. zwanzig lose hingetippte Sätze. Die Feststellungen der ersten sieben könnte von jedem unterschrieben werden. Mit dem achten kommt der Einbruch, der vermuten lassen muss, dass der Macher-Clan der verbal begünstigten lokalen Musikfestspiele, die glücklicherweise ihre besten Tage gesehen haben, dieser Rechtsaußentruppe mehr als nur nahe steht.

Beim neunten Satz hört es dann ganz auf: Die totgeglaubte Idee einer Philharmonie― für die Anhänger der gediegenen Klangkünste das Analogprojekt zum Museumserweiterungsbau―wird vehement unterstützt, ebenso wie die „Völklinger Hütte“ mit ihrer von einem General zu verantwortenden profitablen Verbindung von Kommerz und Industriekultur. Und nicht zuletzt erregt sich die AfD hierzulande über einen drohenden Abriss des „Pingusson-Baus (früheres Kultusministerium)“, den sie sicherlich für eigene Zwecke, nämlich ein zukünftig zu etablierendes Deutschland-Ministerium, vorsehen.

Die abschließenden Bemerkungen zugunsten einer „aktiven Kreativszene“―wobei völlig unklar bleibt, ob es sich um kreative Kunst und/oder um Kommerz handeln soll―treiben die Ausführungen vollends in den Sumpf dumpfbackiger Kulturvorstellungen, bei denen es nicht um die Kunst an sich geht, sondern um deren Eigenschaft als weichen Standortfaktors. Das haben wir doch von einer der Regierungsparteien so auch schon gehört…? Jedenfalls ist sicher, dass die lokale „AfD“ die lebendige Kulturszene der explizit genannten Vorbilder, Köln und Berlin, nicht die Bohne zur Kenntnis genommen haben wird; sonst stünden diese Zeilen hier nicht oder fielen ähnlich reaktionär aus, wie die Äußerungen zu anderen heiklen Themen die Zuständen entgegen gebracht werden sollen, die ein weltoffener Künsteler (sic!) nicht akzeptieren könnte. Fazit: Jedes Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) für die „AfD“ ist nicht nur ein verschwendetes, sondern wäre ein bedenkliches Statement.

[15] Freie Bürger Union (FBU)

Diese politische Gruppierung, die sich zur Bildung einer Partei aufgerafft hat, verfügt nicht über eine Webpräsenz oder -seite, sondern über eine „Heimseite“.35 Diese ist am 26.08.2016 zum letzten Mal aktualisiert worden und du bist der 8015. Besucher seit dem 15.06.2009. Dort boxt also der Papst―oder der Zähler klemmt! Dass dort noch mehr klemmt, wird nach nur wenigen Klicks deutlich: Die „Stimme der Freiheit“ ist die der Freiheit von etwas, was wortreich unter dem Menüpunkt „Wir über uns“36 dargelegt wird, also strenggenommen eine „Stimme der totalen Unfreiheit“ für Ander(sdenkend)e, denen in der Selbstwahnnehmung (sic!) die „Unverzagten“ gegenüber stehen. Es handelt sich bei der FBU zwar nicht um eine Einthemenpartei, im Miesenkleinenlande jedoch wohl um eine geografisch stark eingegrenzt aktive, nämlich auf das Städtchen Völklingen fokussiert, wohl wegen des Namens völkischer Anmutung.

Das Begriffspaar Kunst & Kultur kommt niemals im von dir präferierten Sinne zum Einsatz, sondern voneinander getrennt―wobei der Begriff Kunst vollständig unter den Tisch fällt―meist in unguten Kombinationen wie „Kulturgut“, „kulturelle Rechte“ (womit sie nicht sich selbst meinen, obwohl sie es sollten), „Mono-Kulturen-Anbau“, „Schimmelkultur“, „Kultur des Verständnisses“ und nicht zuletzt „Kulturkreis“―natürlich „fremden“. Das sind sämtlich nicht Kulturen, denen du dich zugehörig fühlst, so dass du allerdings sehr erstaunt bist, dass der Begründer dieser Bewegung sich als dichterisches Talent erweist, indem er nicht nur dem zukünftigen angestrebten Reich eine neue Nationalhymne schenkt, sondern eine ebensolche der eigenen Bewegung. Das hat selbst A. H. nicht fertig gebracht, der zähe Prosa verfasst hat, die zu lesen niemand rechte Lust hatte.

Auch die Flugblätter, die unter dem Menüpunkt gleichen Namens eingesehen werden können, zeigen literarisches Talent mit Titeln wie „Gedicht: Das Totenschiff“, oder dem nicht ganz kindertauglichen Märchen „Der Auszug der Ausländer“ (20 Seiten lang!). Nur der Begriff Kultur kommt kaum vor; wohl, weil man sich der eigenen kulturellen Qualitäten bewusst ist und nicht großartig darüber schreiben/reden muss? Das Pamphlet mit dem Titel „Stolpersteine“, dem einzigen in dem du vielleicht die gesuchten Begriffe finden zu können glaubst, legst du enttäuscht wieder beiseite: Es wird von Vergangenheits-„Bewältigung“ (Hervorhebung durch die anonymen Autoren) gefaselt, nicht von Erinnerungs-Kultur, wie es der aktuelle farblose Kulturminister tut.

Bei aller Erheiterung, jetzt mal ganz ernst: Wer hier kreuzt (übrigens—auch in seiner fernöstlichen Variante—ein gerne genutztes Symbol des Trüppchens), ist wohl ein crosser Over-Typ und gerne mal verschwenderisch.

[16] Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)

Jetzt sind sie dran, die altbekannten Vollnazis, vom Bundesverfassungsgericht kürzlich zwar nicht verboten aber zu verfassungsfeindlichen Oberantidemokraten gekürt. Wie beim neulich im wiedererrichteten Feudalsitz über der Miesenkleinenstadt zu besichtigen, ist selbst das zu viel der Ehre für das verkommene Häuflein von Politaktivisten, die wiederum auf andere, sich als politische Antipoden Wähnende eine große Anziehungskraft ausüben. Ganz sicher können und wollen sie nicht mehr ohneeinander, obwohl dein Herz―diese persönliche Bemerkung sei hier erlaubt―ganz klar links schlägt 😉 . Um so witziger ist es, dass bei einem kleinen Scharmützel am Rande der Gegendemonstrationen, ein dir mit der Faust die Nase touchierender Scheitelfritze (m) erregt das Wort „Demokratie“ in den Mund nimmt. Das ist dem sicherlich im Eifer des Gefechts (mit dir!) so rausgerutscht; dessen emotionsloser Blick beim Ausstoß des Kampfbegriffes verrät, dass es zu keinerlei Assoziationen im Inneren des den Scheitel tragenden Körperteils kommt.

Die Webseite der „sozialen Heimatpartei“37 zeigt auf ihrer „Start“-Seite eine allseits bekannte Flusskrümmung, vor der die Männer (m) posieren, die so stramm und stürmerisch in den Landtag ziehen wollen. Kunst und Kultur ist weit und breit nicht auszumachen. Beim Menüpunkt „Partei“ findet sich der Unterpunkt „Dafür stehen wir“; und siehe da: Im weiter unten aufgeführten „Parteiprogramm der NPD“ fällt nach nicht enden wollendem, weitschweifigem Gefasel in der sechzehnten (!) Kapitelüberschrift „Bildung und Kultur“ zumindest einer der von dir gesuchten Begriffe: „d) Nationalkultur und Identität“ heißt es weiter unten.

Wer die verquasten zwei Absätze mit insgesamt neun Sätzen―mehr ist Kunst und Kultur den Herrschaften (m) von der NPD offensichtlich nicht wert― lesen mag, rufe das Programm online auf. Nur auf den dort fallenden Begriff „Erinnerungskultur“ (Hervorhebung durch die anonymen Verfasser!) sei insofern eingegangen, als es ein großes (s. o.) und durchaus auch hitzig geführtes Thema im Miesenkleinenlande zu sein scheint, welches hier mit dem Attribut „neurotisierend“ verbunden wird, was wiederum an einen Vollnazi mit zurzeit noch anderer Parteizugehörigkeit erinnert, dem dieses Vollnazitum also zu Recht vorgehalten wird.

Dieser Trupp ist nicht rechts außen, sondern rechts (ganz) unten einzuordnen. Es wäre sicherlich eine Frechheit, wenn du hier schriebst, dass ein Kreuz eines Kulturschaffenden (w/m) auf dem Wahlzettel überhaupt eine Option sein könnte. Nun steht es hier aber … und: Wer hat nicht schon Pferde kotzen sehen?

Noch mehr Prosa

Die Durchsicht der Parteiprogramme der zur Landtagswahl 2017 im Miesenkleinenlande antretenden politischen Gruppierungen und Grüppchen in Bezug auf „Kunst & Kultur“ ist ernüchternd. Bei den rechtslastigen bis unerträglich (früher: extrem) rechten, was sogar—und das ist absolut alarmierend!—bei vermeintlich mittigen bis linken Gruppierungen in nicht einmal homöopathischen Dosen vorkommen kann, ist ohnehin kein elaborierter Kultur- geschweige denn Kunstbegriff zu erwarten gewesen. Dass hingegen diejenigen der etablierteren bis etablierten Gruppierungen so offenkundig fassadenkulturell geprägt sind, ohne tatsächlich einen fundierten Begriff hinter den vollmundig vorgetragen Kunst- und Kulturthesen mindestens durchscheinen zu lassen, ist zutiefst deprimierend.

Dies zeigt, wie tief die kulturelle Selbstzerstörung durch die neoliberale Phase, die wir nicht einmal hinter uns gelassen oder gar in ihren schädlichen Auswirkungen auf einfach Alles korrigiert hätten, sich auswirkt. Der künstlerische und kulturelle Zynismus des Fassadenhaften ist so weit fortgeschritten, dass nicht einmal die Zusammenarbeit aus aktuellem Anlass mit vor Krieg und Hunger Geflüchteten authentisch wirkt. Zuletzt wurde dies augenfällig bei einer Ausstellungseröffnung in denkbar ungeeigneten Räumen ausgerechnet eines (kommunalen) Geldhauses u. a. durch den unsäglichen Kulturminister des Miesenkleinenlandes, die wie ein einziger großer Fake rübergekommen ist. Auf der einen Seite diejenigen (w/m) um die es angeblich gehen soll, auf der anderen Seite die Inszenierung einer Veranstaltung nach altbekannten Schnarch-Mustern im Stile einer dörflichen Ausstellungseröffnung , die sich für ihr Engagement selbst bauchpinselt. Wie armselig!

So armselig, wie die geistige und ökonomische Armut der Region es vorgibt—wobei offen ist, inwieweit das eine Voraussetzung für das andere (und vice versa) ist—, sind derartige Veranstaltungen, die sich im Gestus durch sämtliche Sphären der lokalen Kultur ziehen. Dieser Zustand ist in Veranstaltungen der lokalen sog. Freien Szene bis hin zu denjenigen im zuvor gecheckten programmatischen Schrifttum gerne aufgezählten lokalen kulturellen Institutionen—übrigens beiderseits der Grenzen—absolut Gang und Gäbe; ohne jede Ausnahme (fast; mindestens eine wüssten wir zu nennen…). Daher war es von vornherein gewagt, sich diesen Parforceritt durch die pamphletistische Literatur aus allerdings gegebenem Anlass zuzumuten.

Und was versprechen Diejenigen, die überhaupt etwas versprechen, und nicht nur fordern (deutschnationalsozialistischen Vollidiotenquatsch z. B.)? Das es so weiter gehen möge, versprechen sie; denn eigentlich sei doch alles in bester Ordnung, wozu man selbst ja zuvor beigetragen habe. Niemand von den parteipolitisch engagierten Kreisen—außer den Oberdumpfbacken, denen – einschließlich „CDU“ mit ihrer Anbiederung an Musik- und andere Vereine (Vereinigungen, die sich künstlerisch-kulturellen Inhalten lediglich als Vehikel für die subtile Verbreitung ihrer Ideologien bedienen) – es nicht genug „teutonische Plasmusick“ geben kann—wagt es, den künstlerisch-kulturellen status quo zu hinterfragen.

Muss die tatsächliche Opposition folglich dort vermutet werden, wo sie in Bezug auf deine eigene Haltung sich tatsächlich befindet: in der „unorganisierten außerparteipolitischen Opposition“ (UOAPAPOPPO)? Wahrscheinlich… 😉 In der Hinsicht ist von den analysierten Gruppierungen im Miesenkleinenlande rein gar nichts zu erwarten und jedes Kreuzchen – wo auch immer – eigentlich eine unverdiente Großzügigkeit ist, gäbe es nicht andere Politikfelder, die beileibe (ge)wichtiger sind als die hier relevante Sphäre, so sehr sie dein Leben auch aus- bzw. erfüllt und/oder bestimmt. Und dort, auf den anderen Äckern, leisten Einige einschließlich deiner Beachtliches … doch das war und ist hier nicht das Thema. Ließe sich das nicht miteinander verbinden? Im Miesenkleinenlande wohl eher nicht; es ist ein Hort der totalen Segregation und als eigenständiges Gebilde zur Marginalität verdammt.

Saarbrücken, den 23. März 2017 — © VG Wort, 2017.

1 Zum Begriff M. siehe → Ludat, Ulrich: Werke & Projekte & Statements. Saarbrücken: uli.l publishing, 2017; S. 22f

2 So zuletzt in der Süddeutschen Zeitung (Fundstelle bliebe zu recherchieren…).

3 Siehe Bericht von Daniel Heinrich: CDU-Wahlkampf ohne Ecken und Kanten; URL:http://bit.ly/2mH90cM [ erstellt und zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

4 Siehe → Projektbeschreibung zu [2001#01] da ist liebe im spiel!

5 Siehe hierzu → Künstelerisches (sic!) Statement in Ludat, Ulrich: Werke & Projekte & Statements, S. 7-12.

6 Siehe hierzu beispielsweise Riedel, Carl: Polemische Erörterungen auf dem Gebiete der Kunst und Literatur veranlaßt durch den Vernichtungs-Kampf der Tendenzen der neuesten Literatur gegen sich selbst in der Person der H. H. Mentzel und Gutzkow. Nürnberg: Friedrich Campe, 1836.

7 URL: https://wahl2017.dielinke-saar.de/ [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

8 URL: http://www.dielinke-saar.de/fileadmin/Wahlkaempfe/Landtagswahl2017/LTW-Programm2017 _text2.pdf [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

9 Siehe hierzu Projektbeschreibung zu → [2015#11] bouilla.baisse und → [2016#18] huonk (ruppig, er!).

10 Siehe hierzu Projektbeschreibung zu → [2014#22] FRECH.heit.

11 URL: https://piraten.saarland/ [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

12 URL: https://piraten.saarland/programm/ [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

13 URL: http://gruene-saar.de/ [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

14 URL: http://wahrheit.saarland/ [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

15 URL: http://wahrheit.saarland/wp-content/uploads/2017/01/Wahlprogramm-2017-01-22_ABGESTIMMT.pdf [ letzte Silbentrennung bei Aufruf missachten; zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ]; praktisch für den pädagogischen Einsatz im Politikunterricht an Schulen: die durchgehende Zeilennummerierung.

16 Wer direkt dort hin möchte … URL: http://wahrheit.saarland/sport-und-kultur/ [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

17 URL: https://www.spd-saar.de/wp-content/uploads/2017/03/SPD-Regierungsprogramm-2017_WEB_ NEU.pdf [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].

18 URL: https://www.fdp-saar.de/ [ zuletzt aufgerufen: 22.03.2017 ].

19 URL: http://www.cdu-saar.de/ [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].

20 URL: http://www.cdu-saar.de/media/downloads/284974.pdf,download [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].

21 Siehe dort Zeilen 77/78 (praktischerweise ist das Wahlprogramm für den Fall der Schullektüre zeilenweise nummeriert).

22 URL: https://www.freie-waehler-saar.de [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

23 URL: https://www.freie-waehler-saar.de/wp-content/uploads/2017/02/ 20161206_Wahlprogramm_LTW_ 2017.pdf [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

24 URL: https://lkr.de/wp-content/uploads/2015/08/Bundesprogramm_Fassung_20170104_final.pdf [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

25 URL: https://www.familien-partei-saarland.de/ [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

26 URL: https://www.familien-partei-saarland.de/images/pdf/landesprogramm.pdf [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

27 URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratische_Bürger_Deutschland [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

28 URL: http://www.dbd-partei.de/ [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

29 URL: https://sl.buendnis-grundeinkommen.de/ [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

30 URL: http://www.einheit-saarland.de/ [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

31 URL: http://www.die-reformer-saar.de/ [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

32 URL: http://www.die-reformer-saar.de/museumspavillion/ [ zuletzt aufgerufen: 20.03.2017 ].

33 URL: https://afd.saarland/ [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].

34 URL: https://cdn.afd.tools/sites/87/2017/01/13093932/Landtagswahlprogramm_2017.pdf [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].

35 URL: http://www.saar-fbu.de/ [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].

36 Dort kann die „Druckversion dieser Seite im PDF-Format“ erfolgen, was erstaunt, denn PDF ist fremdsprachlich und müsste eigentlich TDF (= Tragbares DokumentenFormat) heißen; URL: http://www.saar-fbu.de/Wir%20%FCber%20uns.pdf [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].

37 URL: http://www.npd-saar.de/ [ zuletzt aufgerufen: 21.03.2017 ].